Paris ist immer eine gute Idee (Audrey Hepburn)

Im tiefsten Lockdown, als kein Ende der Schulschließungen und kein Ende der Pandemie in Sicht waren, als ich als Freiberuflerin plötzlich ohne Aufträge und mit großen finanziellen und existenziellen Sorgen dastand und mich fragte, wie das alles mit dem Homeschooling, zwei Kindern und zwei Jobs funktionieren sollte, sagte meine Tochter sehr bestimmt „Meinen nächsten Geburtstag will ich in Paris feiern!“ Das war bestimmt inspiriert durch Lady Bug, eine Zeichentrickserie, die sie damals rauf unter runter guckte und die in Paris spielt, dachte ich und fand ihre Aussage rührend und lustig, hatte aber gerade ganz andere Sachen zu bewältigen als einen Kindergeburtstag in Paris zu organisieren. Schon Brandenburg schien in der Enge des Lockdowns weit weg und mein finanzielles Polster ging also nicht für Paris drauf, sondern dafür, den Verdienstausfall durch das monatelange Homeschooling, zig Quarantänen und weggebrochene Aufträge zu kompensieren.

 

Aber meine damals siebenjährige Tochter wiederholte ihren Wunsch, Paris zu sehen (zur Not auch nicht am Geburtstag), so beharrlich, dass ich ihn nicht wegschieben konnte und wollte. „Irgendwann sind wir in Paris!“ versprach ich ihr. Es vergingen dann aus verschiedenen Gründen doch noch drei Jahre. Letztes Wochenende konnte ich meiner Tochter ihren Wunsch endlich erfüllen. Wir waren zu zweit in Paris und das fühlte sich nach so viel mehr als einem einfachen Städtetrip an.

 

Es war viel mehr ein Meilenstein, ein Gefühl von Freiheit und „Wir haben es geschafft!“, eine Belohnung nach einigen Jahren, die für mich aus vielen Gründen nicht leicht waren. Den Eiffelturm dann ganz wahrhaftig plötzlich zwischen den Häusern riesengroß auftauchen zu sehen, gehört für immer in die Top 5 meiner schönsten Erlebnisse, glaube ich. Es gibt ja vieles, was im Fernsehen größer und beeindruckender aussieht als in der Realität – der Eiffelturm gehört definitiv nicht zu diesen Dingen!

 

Dass ich innerhalb eines Wochenendes voller Freude so viel Geld ausgeben konnte, wie ich früher in manchen Monaten nicht mal verdient habe, ohne im Minus zu sein und mir Sorgen machen zu müssen, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit. Ich bin so stolz, dass ich uns das ermöglichen konnte und so glücklich, dass ich ein ganzes Wochenende lang zu allem, wonach uns gerade war, einfach Ja sagen konnte. Jetzt bin ich zwar erstmal pleite, aber fühle mich reich und leicht.

 

Was ich am letzten Wochenende gelernt habe:

 

Es lohnt sich, Träume beharrlich zu verfolgen.

Überhaupt sie zu äußern – auch, wenn sie momentan so unerfüllbar erscheinen!

Es ist gut, Ansprüche an sich und das eigene Leben zu stellen.

 

„Mama, wir sind in Paris!“ sagte meine Tochter am letzten Wochenende mindestens einmal pro Stunde strahlend.  „Nous sommes à Paris!“ antwortete ich dann.

 

Wir haben Brioche und Croissants auf der Champs Élysées gegessen, wir waren ganz oben auf dem Eiffelturm und haben über Paris geguckt, wir haben uns von zwei Straßenmalern in Montmatre zeichnen lassen, wir haben den Straßenmusikanten bei Sacre-Coeur zugehört, am letzten Tag waren wir um 6 Uhr schon frühstücken, um den Tag maximal auszukosten, wir sind an einem Tag über 28.000 Schritte gelaufen, wir haben einen kleinen kitschigen blinkenden Eiffelturm gekauft, wir haben Macarons gekauft, die wie gemalt aussahen, und wir haben die Zeit in vollen Zügen genossen.

 

Und manchmal ist da noch viel mehr, als man sich zutraut – ich war ganz verblüfft, dass ich nach über 25 Jahren plötzlich in ziemlich guten Französisch Essen bestellen und sogar Rückfragen beantworten konnte und ganz vieles um mich herum verstanden habe. Meine Tochter sagte ganz verwundert: „Ich dachte, du kannst kein Französisch.“ Ja, das dachte ich auch!

 

Aber ich dachte ja auch, Paris wäre so weit weg für mich wie eine Reise zum Mond – so fühlte es sich zumindest zeitweise an. Dabei ist es ganz einfach zu erreichen. Das macht mir Mut für alle Ziele und Träume, die ich sonst noch habe, und deshalb möchte ich die Geschichte von dem Traum meiner Tochter (und mir) teilen.

 

„Mama, wir waren in Paris!“ sagte meine Tochter, als wir wieder zuhause waren.  Oui, nous sommes allés à Paris!

 

Merci beaucoup an meine neugierige, hartnäckige, lebensfrohe und willensstarke Tochter.

 

 

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