Zeitmanagement hat seine Grenzen

 

Vor kurzem hatte ich eine klassische Situation im Führungskräfte-Coaching: Eine sehr engagierte und kompetente Abteilungsleiterin eines mittelständischen Unternehmens kam mit dem Thema „Zeit-Management“ ins Coaching. Ihre Ausgangslage war:

 

·       Sie sammelte täglich Überstunden

·       Ihr Team beklagte sich über mangelndes entgegengebrachtes Vertrauen

·       Vor lauter „Löscharbeiten“ im Tagesgeschäft kam sie nicht zu ihren strategischen Führungsaufgaben

 

Das Team war frustriert, die Vorgesetzten waren frustriert und meine Klientin war erst recht frustriert. Im letzten Personal-Gespräch hatte man ihr ein Coaching oder eine Weiterbildung mit dem Schwerpunkt „Zeitmanagement“ empfohlen. Ich fragte sie, was sie schon in Bezug auf Zeitmanagement versucht hatte. Meine Klientin kannte alle möglichen Tools, von Pareto über Eisenhower, ABC, eat the frog bis hin zur Alpen-Methode. Irgendwie hatte nichts davon so richtig nachhaltig geholfen – früher oder später fand meine Klientin sich immer wieder in ähnlichen Situationen wieder und schaffte es nicht, pünktlich Feierabend zu machen, Aufgaben zu delegieren und ihre selbstauferlegten Vorsätze längerfristig umzusetzen.

 

Aussagen aus ihrem privaten Umfeld wie

 

·       Kein Mensch ist unersetzlich

·       Lass doch mal fünfe gerade sein oder

·       Morgen ist auch noch ein Tag

·       Du musst nicht alles perfekt machen

 

halfen meiner Klientin nicht.

 

Wenn sich im Außen ein unerwünschtes Verhalten zeigt – also in diesem Fall das Verzetteln/Überarbeiten – liegt es nah, das Thema auch von außen anzugehen. Also in Form vom xten Zeitmanagement-Tool. Und oft ist das Problem nicht individuell, sondern strukturell und im Unternehmen gibt es Personalmangel, eine ausufernde Meeting-Kultur, einen viel zu hohen Workload als dass es irgendein Tool richten könnte etc. Aber mindestens genauso oft wird das äußere Problem verursacht durch eine innere Haltung – einen Antreiber in uns selbst.

 

Ich ließ meine Klientin den Antreiber-Test aus der Transaktionsanalyse machen. Dieser Test untersucht unsere Ausprägung in Bezug auf die folgenden Antreiber:

 

·       Sei perfekt

·       Sei schnell

·       Mach es allen recht

·       Streng dich an

·       Sei stark

 

Und siehe da, meine Klientin hatte gar nicht den Antreiber „Sei perfekt“ wie man es vielleicht auf den ersten Blick hätte denken können. Deshalb konnte sie auch nie so richtig etwas damit anfangen, wenn ihr wohlmeinende Menschen sagten, sie solle „doch auch mal mit 80% zufrieden sein und nicht alles kontrollieren wollen“. Ihr Antreiber war vielmehr „Mach es allen recht“.

Antreiber sind nie nur gut und nie nur schlecht. Erstmal sind sie einfach nur ein Motor, der uns antreibt und motiviert, bestimmte Dinge zu tun.

 

Der Antreiber „Mach es allen recht“ sorgt dafür, dass meine Klientin

 

·       empathisch

·       kompromissbereit

·       kooperativ und

·       aufmerksam für die Bedürfnisse anderer ist.

 

Alles tolle Eigenschaften, auch oder gerade für eine Führungskraft. Leider kann derselbe Antreiber auch dafür sorgen, dass jemand

 

·       überengagiert

·       geradezu harmoniesüchtig

·       schlecht im Setzen von Grenzen und

·       sehr abhängig von der Bestätigung durch andere ist.

 

Deshalb konnte meine Klientin scheinbar unliebsame Aufgaben nicht delegieren bzw. nahm bereits delegierte Aufgaben wieder an sich, was bewirkte, dass sich das Team kontrolliert fühlte und ihr Perfektionismus und Mikromanagement vorwarf.

 

Deshalb schaffte es meine Klientin nicht, ihre bestehenden Überstunden abzubauen.

 

Deshalb nahm sie sich die Kritik sowohl ihres Teams als auch durch ihre Vorgesetzten so sehr zu Herzen, dass sie dachte, alles, was helfen würde, wäre noch eine Schippe drauf zu legen, um es allen recht zu machen.

 

Was wir dann im Coaching gemacht haben?

 

NICHT nochmal die Zeitmanagement-Tools vertieft, denn die beherrschte meine Klientin in der Theorie sowieso aus dem Eff-Eff.

 

Wir haben stattdessen genauer hingeschaut

 

·       in welchen Situationen der Antreiber hilft

·       in welchen Situationen der Antreiber für Stress sorgt

·       was es im Innen und im Außen braucht, damit der Antreiber in Schach gehalten wird

·       Handlungsalternativen und eine klare Kommunikationsstrategie erarbeitet und

·       an einer inneren Haltung gearbeitet, die es der Klientin erlaubt, nicht nur die Bedürfnisse der anderen, sondern auch ihre eigenen ernst zu nehmen.

 

 

Wenn dir dieser Struggle zwischen den eigenen Ansprüchen und den Anforderungen von außen bekannt vorkommt und du im (Führungs)Alltag vielleicht gerade in einer Sandwich-Position im mittleren Management so wie meine Klientin deine Herausforderungen hast, und wenn du gerne wissen möchtest, was dein größter Antreiber ist und wie er dir in Zukunft besser dienen kann, melde dich sehr gerne zu einem kostenlosen Kennenlerngespräch und wir besprechen, inwieweit dir ein Coaching dabei helfen kann. 

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