Was Pflanzen mit Menschen gemeinsam haben

Während meiner so intensiven und schönen Coaching-Ausbildung bei der Coaching Spirale lernte ich das Bild des Umtopfens im Coaching kennen: so wie eine Pflanze wachsen will und in einem zu engen Topf an ihre Grenzen stößt und durch die Begrenzung kleingehalten wird, so kann es auch uns Menschen gehen. Der Topf ist hier kein echter Blumentopf, sondern ein Rahmen bestehend aus Überzeugungen, eigenen Erwartungen und Glaubenssätzen, in dem wir feststecken. Früher einmal hat er Sinn ergeben, bot Struktur und Halt, einen sicheren Rahmen eben, aber irgendwann wurde er beengend und wir konnten nicht weiterwachsen.

 

 

Oftmals kommen Menschen zu diesem Zeitpunkt ins Coaching. Sie möchten sich entwickeln oder etwas in ihrem Leben verändern. Und auch, wer noch nie von dem Coaching-Modell des Umtopfens gehört hat, findet das Bild in der Regel einleuchtend und verständlich. Ein neuer größerer Topf muss her! Ich frage dann, „Was ist denn an dem bisherigen Topf gut? Was für Vorteile können Sie aus ihm ziehen?“ Und es finden sich tatsächlich IMMER auch positive Aspekte, so sehr wir auch davon überzeugt sind, dass ein Verhaltensmuster absolut destruktiv und veränderungswürdig ist. Ja, es ist durchaus sinnvoll, sich von Verhaltensmustern zu trennen, die uns traurig machen, blockieren oder irgendwie anderweitig für Konflikte sorgen. ABER: unser System ist nicht dumm, es hat sich etwas bei diesem noch so selbstzerstörerischem Muster gedacht und irgendwelche Vorteile hatten wir definitiv dadurch, sonst wären wir nicht so lange auf dieser Schiene unterwegs gewesen - und wenn es nur bedeutet, dass das Gute ist „Dieses Muster ist mir vertraut!“. Es gilt im Coaching und durch viel Reflektion gleichermaßen die Vorteile und die Nachteile dieses Musters zu durchdringen und zu verstehen. Und wenn wir uns dann entscheiden, dass wir das Muster nicht mehr haben wollen in unserem Leben? Dann nützt es nichts, den Topf einfach zu zerbrechen. Vielmehr brauchen wir einen neuen Topf, also eine neue Strategie, mit der wir jetzt die Welt betrachten und ihr begegnen wollen.

 

 

Häufig kommt dann der Einwand „Aber wie kann denn das Alte weggehen?“ Die Antwort mag zunächst ernüchternd klingen: „Gar nicht!“ Aber beim Umtopfen der Pflanze schneiden wir ja auch nicht der Pflanze die Wurzeln ab – dann nützt nämlich auch der schönste neue Topf mit der tollsten Erde nichts.

 

 

Kürzlich habe ich zwei Zimmerpflanzen bei mir zuhause umgetopft und dabei natürlich unweigerlich an das Umtopfen im Coaching gedacht. Und was mir dabei auffiel: 1. Umtopfen kann eine ziemliche Sauerei sein! Da liegt plötzlich ganz schön viel Erde rum, die man dann erstmal wieder auffegen muss. Zunächst sieht es also weniger schön aus als vorher. Und 2.: nicht jede Pflanze reagiert gleich auf das Umtopfen! Während die eine Pflanze, bei der der größere Topf längst überfällig war, sich gleich so richtig ausbreitete, macht mir meine andere Pflanze ein bisschen Sorge. Bei ihr gingen ein paar Blätter kaputt und ein bisschen Wurzelwerk und irgendwie sieht sie nun ganz verloren aus in dem neuen größeren Topf. Was ich daraus fürs Coaching mitnehme: Weiterentwicklung oder Selbstentfaltung geht nicht in jeder Situation gleich schnell. Und sie will behutsam angegangen werden, sie kostet Energie und kann erstmal für mehr Chaos sorgen. Der Zeitpunkt muss reif sein und so wie die Pflanze nach dem Umtopfen gegossen und gedüngt und vielleicht auch ein bisschen in Ruhe gelassen werden will, so sollten auch wir Menschen uns in Umbruchzeiten gut um unsere Bedürfnisse kümmern und auf sie hören.

 

 

Hat Ihr Topf derzeit die passende Größe?

 

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